Sie spazierten nebeneinander über den Bürgersteig, den warmen Asphalt unter ihren Füßen. Max genoss die Geräusche und Gerüche der Stadt, die ihm so vertraut waren. Unbeschwert nickte er den Menschen zu, die ihnen begegneten. Die meisten ignorierten ihn, aber das war ihm egal. Diese Achtlosigkeit gab ihm Sicherheit. Er wusste, dass man ihn in Ruhe ließ. Marvin erging es ganz anders. Er kam vom Land, war erst seit Kurzem in der Stadt und traute sich nicht, Max von der Seite zu weichen. Diese vielen Menschen machten ihm Angst. Wo er herkam, wagten sich Tauben nicht so nahe an Menschen heran.
Schlagwort: Straße
„Dieser verdammte *Piep*!“ Jürgen versetzte der Hupe einen festen Schlag, als könne er damit auch den Typen treffen, der ihn gerade halsbrecherisch überholt hatte. „Die fahren hier wie die gesengten *Piep*, diese *Piep*! Verdammte *Piep*!“ Es war niemand mit ihm im Wagen, der ihm hätte zustimmen können, aber auch keiner, der seine Schimpftirade unterbrach. „Ich habe es auch eilig, aber ich fahre deswegen nicht wie der letzte *Piep*!“ Jürgen versuchte wieder zur Ruhe zu kommen. Wenn ihm jetzt noch jemand dumm kam, konnte er für nichts mehr garantieren. Zumindest, das musste er zugeben, funktionierte die neue Zensur-Funktion seines Navis ausgezeichnet.
Als ich in die Straße einbog, tanzten sofort unzählige Blaulichter vor meinen Augen. Ich spürte, wie mich die Emotionen überwältigten. Ich war beunruhigt, ängstlich, nervös und absolut erleichtert. Endlich hatten sie seine Leiche gefunden! Seit geschlagenen drei Tagen wartete ich bereits darauf. Meinen ehemaligen Geschäftspartner hatte die letzten 72 Stunden offenbar niemand vermisst. Das wunderte mich nicht besonders. Der Saturn bekam mehr Besuch als dieser Mann. Im Vorbeifahren warf ich einen Blick auf die Polizeiautos. Mein Herz setzte für einen Moment aus, als ich realisierte, dass sie vor dem falschen Haus standen. Fassungslos drehte ich mich um. Dann krachte es markerschütternd.
Georg schlenderte mit seiner Familie die Straßen entlang. Für einen so schönen Sommertag war es ungewöhnlich leer. Die Lust der Menschen, das Wetter zu genießen, miteinander zu plaudern und Geld auszugeben, hielt sich mehr und mehr in Grenzen. Die Euphorie, die noch 1914 im ganzen Land geherrscht hatte, war längst verflogen. Georg spürte noch immer Zufriedenheit. Seine Rüstungsfirma war mit Aufträgen ausgelastet und er hatte an den richtigen Stellen glaubhaft versichern können, dass er seinen Sohn Schorsch an seiner Seite brauchte. Sein jüngster Sohn war noch zu klein für den Krieg. Georg war ein Gewinner. Die Verlierer starben zum Glück woanders.
Seine Frau hasste es, wenn er so schnell fuhr. Er hatte ihr versprochen, rücksichtsvoller und vorsichtiger zu sein, auch dann, wenn sie nicht neben ihm saß. Nicht, dass ihm dieses Versprechen nichts bedeutete, aber gerade jetzt konnte er keine Rücksicht darauf nehmen. Er durfte nicht zu spät kommen. Das war keine Option. Viel zu selten bot sich ihm eine solche Gelegenheit. Endlich näherte er sich der Stelle. Pure Erleichterung durchströmte ihn, als er sah, dass der Anhalter noch dort stand. Der Anhalter, von dem er zwei Kollegen hatte sprechen hören. Den sicher niemand mitnehmen würde. Niemand, der kein Verrückter war.